Krankenhausgesellschaft fordert finanzielle Soforthilfen und Neustart für Vorhaltefinanzierung
Krankenhausreform muss jetzt praxistauglich gemacht werden
Hamburg, 18. Juni 2025 Die Krankenhausreform muss in wesentlichen Punkten noch überarbeitet werden, bevor eine Umsetzung in der Praxis möglich ist. Dabei sind die Krankenhausplanung und die Vorhaltefinanzierung getrennt voneinander zu betrachten.
Zuvor muss schnellstmöglich eine wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser über die angekündigten vier Milliarden Euro als Inflationsausgleich auf den Weg gebracht werden. Dies sollte durch eine Erhöhung der Landesbasisfallwerte erfolgen, damit der Effekt nicht verpufft.
Für eine Krankenhausplanung auf neuer Grundlage müssen in der Definition der Leistungsgruppen noch Fehler korrigiert werden und weitere Klarstellungen des Gesetzgebers erfolgen. Erst dann kann sinnvoll bundesweit nach Leistungsgruppen geplant werden. Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft begrüßt, dass der nächste Krankenhausplan in Hamburg die zu erwartenden Korrekturen an den Leistungsgruppen bereits berücksichtigen soll.
Die Reform des Finanzierungssystems ist aus der Sicht der Krankenhäuser missglückt und sollte keinesfalls so eingeführt werden, wie es derzeit im Gesetz steht. Die neue Vorhaltefinanzierung verkompliziert das System erheblich, ohne im Ergebnis zu einer gesicherten Finanzierung der Krankenhäuser zu führen. Anders als ihre Bezeichnung vermuten lässt, finanziert sie gerade nicht die Vorhaltung im Krankenhaus, sondern verteilt nach einem komplizierten Mechanismus Teile des DRG-Erlösbudgets um. Die Einführung einer Vorhaltefinanzierung zum 1. Januar 2027 muss gestoppt werden. Die Vorhaltefinanzierung braucht einen konzeptionellen Neustart.
Zahlreiche Krankenhäuser sind aufgrund der Unterfinanzierung in den vergangenen Jahren mit hoher Inflation in ihrer Existenz bedroht. Ralf Zastrau, 1. Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft: „Diese Finanzierungslücke muss sofort behoben werden. Der Koalitionsvertrag sieht finanzielle Mittel für sog. Soforttransformationskosten in Höhe von vier Milliarden Euro vor. Wir begrüßen dies ausdrücklich. Diese Sondermittel müssen aber schnell und vor allem über eine Erhöhung der Landesbasisfallwerte dauerhaft fließen. Denn unsere Kosten sind nach den inflationsstarken Jahren nicht wieder gefallen, deswegen müssen diese Mittel dauerhaft im System bleiben.“
Der nächste Krankenhausplan in Hamburg soll auf Grundlage der neuen Leistungsgruppen erstellt werden. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien auf Bundesebene legt fest, dass es kurzfristig Korrekturen am Gesetz, somit auch an der Definition der Leistungsgruppen, geben soll. Für die Planungssicherheit, die Krankenhäuser dringend brauchen, muss nun zuerst ein stabiler Leistungsgruppenkatalog verabschiedet werden. Auch besteht noch Korrekturbedarf bei der Fachklinik- und Standortdefinition. Konkrete Ausnahmetatbestände sind zu ergänzen. Insgesamt benötigen die Länder in der Planung eine Berechtigung, sinnvolle Ausnahmeregelungen treffen zu dürfen, um die regionalen Besonderheiten der Versorgung zu berücksichtigen.
Die neue Vorhaltefinanzierung soll nach derzeitigem Stand zum 1. Januar 2027 mit einer Übergangsphase in Kraft treten. Aus der Sicht der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft ist sie jedoch ungeeignet, die Finanzierung der Krankenhäuser dauerhaft zu verbessern. Die Vorhaltefinanzierung zerstört das funktionierende DRG-System, ohne eine nachhaltige Verbesserung zu bewirken. Sie ist sehr komplex, bürokratisch und in ihren Auswirkungen nur schwer zu beurteilen. Viele Einflussfaktoren liegen außerhalb des Entscheidungsspielraumes des einzelnen Krankenhauses. Durch die Vorhaltefinanzierung entstehen erhebliche Fehlanreize. Die Erlössituation insbesondere leistungsstarker und wachsender Krankenhäuser wird verschlechtert. Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft fordert den Neustart einer Vorhaltefinanzierung, mit dem Ziel Krankenhäuser finanziell abzusichern, die für nicht planbare Aufnahmen wie bspw. die Notfallversorgung, Intensivmedizin, Unfallchirurgie oder die Geburtshilfe Kapazitäten vorhalten müssen.
Die Planung ist wieder von der Finanzierung zu trennen, so dass ein in sich schlüssiges und funktionierendes Finanzierungskonzept entwickelt werden kann. Im ersten Schritt muss der gesetzliche Zeitplan angepasst werden: der 1. Januar 2027 muss ausgesetzt werden.
Dazu Ralf Zastrau, 1. Vorsitzender der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft: „Die Krankenhausreform - wie sie heute im Gesetz steht - muss man noch als Betaversion betrachten. Sie weist Fehler und erheblichen Nachbesserungsbedarf auf. Ohne die notwendigen Korrekturen kann sie nicht flächendeckend auf die Versorgung angewendet werden, ohne Schaden in der Versorgung anzurichten.“ kritisiert Zastrau, „Insbesondere für die Vorhaltefinanzierung muss ein Modell entwickelt werden, das die tatsächliche Vorhaltung von Kapazitäten finanziert.“
Der Bereich Qualität benötigt eine Sichtung und Neuordnung. Strukturvorgaben sind von Qualitätsvorgaben zu trennen. Aktuell gibt es ein Dickicht paralleler Regelungen aus unterschiedlichen Quellen und mit unterschiedlichen Verantwortlichen. Qualitätsvorgaben sollten nachgewiesen zu einer Qualitätsverbesserung beitragen und perspektivisch die Ergebnisqualität in den Fokus nehmen. Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft fordert Qualitätskriterien, die die Qualität tatsächlich verbessern helfen, damit einen Mehrwert schaffen und die den wissenschaftlichen Erkenntnisstand berücksichtigen.
Der Bürokratieabbau ist überfällig. Die Krankenhausreform hat leider zu einem zusätzlichen Bürokratieaufwuchs geführt. Zahlreiche Vorschläge zum Bürokratieabbau liegen bereits vor. Der Königsweg zum Bürokratieabbau ist jedoch in zielgerichteten Anreizen und Vertrauen in die Kompetenz der Krankenhäuser zu finden, eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Die Ergebnisqualität sollte als Nachweis genügen. Kleinteilige Vorschriften, multiple Kontrollen und Sanktionen können so überflüssig werden. Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft erwartet nun konkrete Maßnahmen vom Gesetzgeber.
Die Hamburgische Krankenhausgesellschaft fordert:
- 4 Mrd. Euro Sofort-Transformationsfonds schnell und über eine Erhöhung der Landesbasisfallwerte 2025
- ein stabiler Leistungsgruppenkatalog muss verabschiedet werden
- der 1. Januar 2027 als Startpunkt für die Vorhaltefinanzierung muss ausgesetzt werden
- die Vorhaltefinanzierung muss neu konzipiert werden
- Planung und Finanzierung müssen voneinander getrennt werden
- Strukturvorgaben sind von Qualitätsvorgaben zu trennen
- Qualitätsvorgaben müssen messbar die Qualität tatsächlich verbessern und das Ergebnis in den Blick nehmen
- Bürokratieabbau jetzt: Anreize und Vertrauen anstelle von Sanktionen und Kontrollen
Ein Gelingen der Krankenhausreform ist möglich. Dazu müssen nun die richtigen Schritte eingeleitet werden.